NICHTS IST BESTÄNDIGER ALS DER WANDEL
Schlaraffen hört,
Oh Zeiten, oh Menschen. Die Zeiten ändern sich, der Mensch auch, aber was ist mit dem Schlaraffen. Und da Mann als Mensch geboren wird, im meiner Ansicht nach höchsten Zustand aber als Schlaraffe endet, gilt es herauszustellen, was den Wandel des Menschen in Bezug auf die Eignung zum Schlaraffen über den Wandel der Zeiten bedeutet. In welchen Schädel paßt ein Uhu?
Schlaraffia steht auf drei Säulen. Kunst, Humor und Freundschaft. Im Buch „Das Schlaraffische Spiel“ des Bonnenser Ritters Juppitter sind diese Elemente gegen den Zahn der Zeit nahezu gewappnet. Aber ändern sie sich?
Ich denke ja:
Zunächst die Kunst. Jene kommt bekanntlich von ‚Können’ und zu unterschiedlichen Zeiten können Menschen unterschiedliche Dinge. Also ist Kunst manchmal eben anders als eben. Heute ist es Kunst, ein Portrait fotorealistisch zu zeichnen, morgen ist ein rotes Quadrat der Renner. Darüber hinaus haben sich auch die Formen der Kunst geändert. In der schlaraffischen Gründungszeit wurde gesungen und musiziert, gemalt und geschauspielert. Heute wird gejazzt, gerappt ge-Action-paint und Stand-up-artists treten auf. Das von früher gibt es auch noch, aber es ist soviel dazugekommen. Schlaraffia erhebt nicht den Anspruch an die schönen Künste, es ist also auch schlaraffisch für neue Dinge offen zu sein. Und – das ist noch viel wichtiger – Schlaraffia erhebt auch nicht den Anspruch auf Perfektionismus. Also die Kunst ist mehr Ideal als Realität. Entsprechend kann es auch nicht der Sassen Anspruch sein, Perfektion zu erleben, sondern eher zu wissen, das das Vollendete –dessen sicher einige in der Lage sind – seinen Glanz durch die Versuche und das Streben der Mutigen in der Rostra erhält. Es ist also unschlaraffisch, die vollendete Kunst über den Wagemut eines Sassen geringeren Talents zu setzen.
Der Begriff der Freundschaft unterliegt ebenfalls zeitlichen Aspekten. Freundschaften aufrecht zuhalten, sie zu pflegen wird in einer Zeit in der das Verbindende immer schneller vergeht zu einer wahren Lebensaufgabe. Freundschaft muss man heute wollen. Man kriegt sie nicht geschenkt. Und sie ist zerbrechlicher geworden, weil man vor allem immer seltener die Chance des Dialoges hat. Im schlaraffischen Sinne ist mit der Freundschaft eher eine Sache der Verbundenheit gemeint. Niemand sollte Schlaraffe werden, weil er sonst keine Freunde hat. Schlaraffia bietet verbindende Punkte, aus dem Freundschaft wachsen kann. Es ist ein Gesellschaftsspiel, in dem unterschiedlichste Menschen Rollen spielen und sich über die gleichen Dinge begeistern, an den gleichen Erlebnissen und tollen Momenten sich erfreuen. Schlaraffia ist vor allem eines, ein Freundschaftsquell.
Die dritte Säule, der Humor. Humor ist die Zusammensetzung der richtigen Körpersäfte und er hat es oft nicht leicht gehabt. Humor macht, dass man lacht. Lachen ist aber manchmal obszön, es stört und wer lacht, hat keinen Stress. Es wurde geächtet und in den Kreis der niederen Leute geschoben. Karneval und Schwänkestreich. Ein Schelm, der böses dabei denkt.
Erst im Vormärz kam die Karikatur auf die Barrikaden. Und auch heute: Die Mittel ändern sich. Comic und Cartoon, Groteske und Kalauer gehören dazu
Humor hat aber viele Spielarten. Spott, Witz, Ironie etc. Das Lachen ist bei allem möglich, aber ist es schlaraffisch? Nein, nur der Witz und ein bisschen Ironie. Spott und Zynismus sind die Feinde, weil sie dem ehrlichen Sassen den Boden unter den Füßen rauben, ihm seinen Versuch nur beim Erfolg erlauben und über das gehen, was man als Einsatz zum Spiel vorhält. Gerade dem, der sich noch probiert, ob als Oberschlaraffe oder Prüfling.
In welchen Kopf passt ein Uhu?
Schlaraffia ist ein Spiel. Tausende spielen es. Meist dauert es länger und keiner verliert. Wir suchen also einen Spieler. Einen, der die Regeln lernt und akzeptiert. Aber auch einen, der spielen will und gewinnen möchte. Jemand der den Gewinn des Spieles als idealen Bonus versteht, aus dem Ablauf lernt und nicht mit den gewonnenen ‚Plastikmünzen’ zum Kiosk geht. Also keinen, der das Spiel schon kann, bevor die erste Nacht verging. Keinen, der die Regeln ändert, bevor die Runde vorbei ist. Und keinen, der seine Spielfigur nicht mehr hergeben will.
Der Mensch hingegen ist immer ein Kind seiner Zeit. Ob alt, ob jung. Der Mensch wird von der Umwelt geformt. Die Ansichten sind unterschiedlich. Andere Dinge sind wichtig aber Uhu-sei-dank: Schlaraffia blendet die größten Krisenherde aus. Darum ist es auch ein weises Spiel. Aber der junge Mensch von heute hat es schwer sich zu binden an eine Sache, deren Inhalte anachronistisch scheinen und noch schwerer an ein Spiel und an Sassen mit vielen Erwartungen. Das Ideal vergangener Zeiten schlummert noch tiefer begraben. Ritterlichkeit, Romantik und die Muße. Der junge Mensch von heute steckt, solange bis er Rentner ist, im Karriereaufbau. Man darf da nicht zuviel von ihm verlangen. Das Wesentliche ist, er muß das, was er sucht in dem Spiel finden, aber auch das was er geben kann, als gesucht empfinden.
Es ist wichtig, ein wahrhaft offenes spontanes Spiel zu spielen und die notwendigen Schranken für Pilger gering zu halten. Die Auswahl der Pilger sollte von deren Spielfreude, weniger von deren Kunst geprägt sein. Und wir, wir sollten zusehen, das wir uns ständig etwas ändern, in Kunst ausprobieren und, und vor allem den Ersten Teil der Sippung aktiv spielen.